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Arbeitszeugnis

Wie wichtig sind sie in der Personalauswahl der Zukunft?

Vergangenes Verhalten ist der beste Prädiktor für zukünftiges Verhalten. Das besagt ein zentrales Axiom der psychologischen Forschung (Sutton, 1994). Demnach kommt der Fremdeinschätzung der bisherigen Arbeitsleistung in Arbeitszeugnissen besonders in der Bewerbervorauswahl noch immer eine große Bedeutung zu. Zwei wichtige Aspekte solltet ihr jedoch bei der Auswertung und Interpretation von Arbeitszeugnissen unbedingt betrachten...

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Verfassende und Empfangende müssen die Arbeitszeugnissprache kennen

Die Interpretation von Arbeitszeugnissen wird häufig dadurch erschwert, dass sich die Zeugnissprache aufgrund der rechtlich festgelegten Wohlwollenspflicht zu einer eigenen Wissenschaft entwickelt. Um Verzerrungen und Beurteilungsfehler zu vermeiden, solltet ihr daher sicherstellen, dass beide Seiten etablierte Zeugnistechniken kennen. Und dies ist häufig nicht der Fall, beispielsweise in kleinen Familienunternehmen ohne eigene Personalabteilung. Bei Zweifeln sollten Personalverantwortliche daher das Gespräch zum ehemaligen Arbeitgebenden suchen und prüfen, ob mit der beschriebenen „guten Leistung“ tatsächlich eine nur durchschnittliche Arbeitsqualität des Bewerbenden beschrieben werden sollte (Zeugnissprache) oder tatsächlich einfach eine gute Leistung, da das Unternehmen bei der Zeugniserstellung auf Zusätze wie „stets“ verzichtet.

Außerdem unterliegen Arbeitszeugnisse natürlich immer auch subjektiven Einschätzungen und damit möglichen Beurteilungsfehlern. So muss eine schlechte Bewertung nicht immer allein auf eine schlechte Arbeitsleistung des Mitarbeitenden hindeuten. Ebenso wäre beispielsweise möglich, dass diese auf die Ärgernis des Chefs oder der Chefin zurückzuführen ist, etwa durch den Wechsel des Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin zur Konkurrenz.

Sich der abnehmenden Bedeutung von Arbeitszeugnissen bewusst sein

Vergangene Leistung ist ein guter Indikator für zukünftige Leistung. Das mag stimmen. Problematisch wird diese Annahme jedoch in einer sich stetig ändernden Arbeitswelt. Denn wenn sich Berufsprofile und Arbeitsinhalte kontinuierlich ändern, verliert die Erfahrung in einem vorherigen Job natürlich an Vorhersagekraft. Stellen wir uns beispielsweise vor, ein innovatives Start-up im Finanzbereich sucht einen Softwareentwickler zur Mitarbeit in einem dynamischen Projektteam, welches sich den neuesten Methoden im Softwarebereich bedient. Eine Bewerberin konnte bereits mehrere Jahre Berufserfahrung als Entwicklerin in einem namhaften Bankinstitut sammeln, arbeitete dort jedoch ausschließlich mit einem einzigen etablierten, aber eher veraltetem, Betriebssystem. Es mag wenig überraschen, dass die gute Leistung im vorherigen Job allein keinen guten Indikator für beruflichen Erfolg in dem Start-up darstellen wird. Vielmehr wird es auch darum gehen, einen Mitarbeitenden einzustellen, der sich neue Methoden schnell aneignen kann, anpassungsfähig ist und ein hohes Maß an Problemlösekompetenz mitbringt. All dies lässt sich häufig nur bedingt aus einem Arbeitszeugnis ablesen.

Fazit:

Es besteht kein Zweifel daran, dass bestimmte soziale und berufliche Fähigkeiten weiterhin in Arbeitszeugnissen erkennbar werden, beispielsweise Leistungsmotivation und Belastbarkeit. Allerdings werden diese in der Arbeitswelt der Zukunft, parallel zu den immer schnelleren Veränderungen, an Bedeutung verlieren. Was aber bestehen bleibt, sind die individuellen Stärken und Potenziale der Menschen. Diese können mit psychologischer Eignungsdiagnostik abgetestet und z.B. in unserem diagnostischen Datenblatt abgebildet werden.

Quellen

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  • Frank, F., & Kanning, U. P. (2014). Lücken im Lebenslauf – Ein valides Kriterium der Personalauswahl? Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie, 58, 1–8
  • Kanning, U. P. (2013). Testverfahren in der Personalarbeit – Teil 1: Varianten und Probleme. Personal Manager, 1, 36–39.
  • Kanning, U. P. (2015). Personalauswahl zwischen Anspruch und Wirklichkeit – Eine wirtschaftspsychologische Analyse. Berlin: Springer.
  • Kanning, U. P. & Kappelhoff, J. (2012). Sichtung von Bewerbungsunterlagen – Sind sportliche Aktivitäten ein Indikator für die soziale Kompetenz der Bewerber? Wirtschaftspsychologie, 14 (4), 72–81.
  • Kanning, U. P. & Woike, J. (2015). Sichtung von Bewerbungsunterlagen: Ist soziales Engagement ein valider Indikator sozialer Kompetenzen? Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie, 59, 1–15
  • Rakić, T., Steffens, M. C. & Mummendey, A. (2011). When it matters how you pronounce it: The influence of regional accents on job interview outcome. British Journal of Psychology, 102, 868-883.
  • Schmidt, F. L., & Hunter, J. E. (1998). The validity and utility of selection methods in personnel psychology: practice and theoretical implications of 85 years of research findings. Psychological Bulletin, 124, 262–274.
  • Schuler, H. (2014). Psychologische Personalauswahl (3. Aufl.). Göttingen: Hogrefe.  
  • Schuler, H. & Hoft, S. (2007). Diagnose beruflicher Eignung und Leistung. In H. Schuler (Hrsg.), Lehrbuch Organisationspsychologie (S. 289–343). Bern: Huber.
  • Sutton, S. (1994). The past predicts the future: Interpreting behaviour-behaviour relationships in social psychological models of health behaviour. In D. R. Rutter & L. Quine (Eds.), Social psychology and health: European perspectives (pp. 71-88). Aldershot, England: Avebury Press..
  • Watkins, L. M., & Johnston, L. (2000). Screening job applicants: The impact of physical attractiveness and application quality. International Journal of Selection and Assessment, 8, 76–84.
  • Wirtschaftswoche (2016). Noten verlieren an Wert. https://www.wiwo.de/erfolg/hochschule/hochschulabschluesse-noten-verlieren-an-wert/10118304-3.html
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