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KI in der Personalauswahl

Künstliche Intelligenz in der Personalauswahl: Chancen und Grenzen

Es gibt unzählige Anwendungsfelder für künstliche Intelligenz (KI) in der Personalauswahl. Das Potenzial ist enorm, und so wächst auch die Zahl der auf KI basierenden HR-Produkte und -Dienstleistungen rasant. Gleichzeitig ist das Thema noch so neu und oft so komplex, dass sich nur wenige Nicht-Informatiker:innen wirklich sicher in der Anwendung fühlen.

Definition Künstliche Intelligenz:

Künstliche Intelligenz (englisch: artificial intelligence) ist ein Teilgebiet der Informatik, welches sich mit der Automatisierung des intelligenten menschlichen Verhaltens und dem maschinellen Lernen befasst (Wichert 2021)

So überrascht es kaum, dass viele Personalverantwortliche den Möglichkeiten der modernen KI noch skeptisch gegenüberstehen und sich selten an deren Einsatz in ihrem jahrelang erprobten Personalauswahlprozess wagen. Diese Skepsis wird noch verstärkt durch zahlreiche Produkte und Dienstleistungen auf dem Markt, die zweifelhafte Versprechungen machen und nicht den Mindestqualitätsstandards in der Personalauswahl entsprechen. Denn in einem Markt, der vor allem mit Buzzwords wie Robot Recruiting oder Fachbegriffen wie Machine Learning, Neuronale Netze und Deep Learning zu agieren scheint, ist es für Personalverantwortliche nicht einfach, die Qualität der Anbieter zu bewerten und so die „Spreu vom Weizen“ zu trennen. Denn wie kann man die Qualität einer KI-Lösung beurteilen, wenn man noch nie damit in Berührung gekommen ist?

KI in der Personalauswahl – Was ist das überhaupt?

Erkennen Sie sich in der obigen Beschreibung wieder? In diesem Artikel finden Sie das wichtigste Basiswissen über KI in der Personalauswahl gebündelt und leicht verständlich zusammengefasst. Wir erklären die wichtigsten Begriffe, die Sie kennen sollten und räumen mit Mythen und gefährlichem Halbwissen rund um das Thema auf. Fokussieren wollen wir uns auf den wichtigsten Begriff im Bereich der KI: dem maschinellen Lernen.

Maschinelles Lernen

Maschinelles Lernen beschreibt dynamische Algorithmen, die in der Lage sind, selbstständig zu lernen. Vereinfacht gesagt, geht es um das Lernen aus Daten. Mit zunehmender Erfahrung (d.h. mit zunehmendem Training in Datensätzen) soll die Leistung in einer bestimmten Aufgabe (z.B. Vorhersage des beruflichen Erfolgs von Bewerber:innen) verbessert werden. In der Personalauswahl spielt primär das überwachte Lernen eine zentrale Rolle – ein Teilgebiet des maschinellen Lernens. 

Überwachtes Lernen

Überwachtes Lernen kann als Lernen an Beispielen verstanden werden. In einem typischen Szenario haben wir eine Messung einer abhängigen Variable, (z.B. beruflicher Erfolg), die wir auf der Grundlage einer Reihe von Merkmalen (z.B. Persönlichkeitsmerkmale oder Fähigkeiten) vorhersagen möchten. Darüber hinaus haben wir einen Trainingsdatensatz, in dem wir die abhängigen und unabhängigen Variablen für eine Reihe von Objekten (z. B. Personen) beobachten. Im Trainingsdatensatz soll der Algorithmus Regelmäßigkeiten in den Daten lernen (z. B. eine Korrelation zwischen Persönlichkeitseigenschaften und beruflichem Erfolg). Dies könnte beispielsweise ein Zusammenhang zwischen hohen Werten in Gewissenhaftigkeit und beruflichem Erfolg im finanziellen Sektor sein. Man spricht von überwachtem Lernen, weil es Korrelationen zwischen den unabhängigen und abhängigen Variablen im Datensatz gibt, die verwendet werden, um den Lernprozess zu steuern (zu überwachen). Sobald der Algorithmus relevante Regelmäßigkeiten beobachtet hat, wird die Vorhersageleistung dieser Regelmäßigkeiten in einem Testdatensatz geprüft. Die grundlegende Frage lautet hier: Liefern die gelernten Regelmäßigkeiten auch in einem unbekannten Datensatz zuverlässige Vorhersagen? Die Qualität des Algorithmus wird also an seiner Fähigkeit gemessen, in einem unabhängigen Datensatz korrekte Vorhersagen zu treffen (z. B. Vorhersage des beruflichen Erfolgs von Bewerber:innen für eine Stelle als Finanzberater:in).

Was kann KI in der Personalauswahl tatsächlich leisten und was nicht? 

Die Unterstützung der Personalauswahl durch KI bietet zahlreiche Möglichkeiten. Richtig eingesetzt, bietet sie das Potenzial, die Personalauswahl schneller, kostengünstiger, gerechter, objektiver und valider zu machen. Gleichzeitig gilt es, das Potenzial von KI nicht zu überschätzen und sich der Grenzen und Schwächen des Einsatzes von Algorithmen bewusst zu sein. Denn nicht alles, was über KI geschrieben wird, basiert auf wissenschaftlichen Erkenntnissen.

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Hier die 4 wichtigsten Mythen rund um den Modebegriff der KI im HR

Mythos 1: KI ersetzt Personalverantwortliche

Die Befürchtung, dass KI Personalverantwortliche bald überflüssig machen könnte, ist der wohl am weitesten verbreitete Mythos in der Praxis - und trägt nicht zuletzt zu einer hohen Skepsis und geringen Offenheit gegenüber dem Thema unter Personalverantwortlichen bei. Doch die Vorstellung, dass Algorithmen bald Personalverantwortliche ersetzen könnten, ist schlichtweg unbegründet. Wir verraten Ihnen wieso!

Der Mensch ist gut im Verstehen von Kausalitäten.
Algorithmen sind hingegen gut im Verstehen von Korrelationen.
Zusammen sind sie richtig gut.

Um gute Personalentscheidungen zu treffen, reicht die Beobachtung von Zusammenhängen in Daten (Korrelationen) nicht aus. Es erfordert ein Verständnis der Kausalität, das heißt des Ursache-Wirkungszusammenhangs. Der Algorithmus ist zwar gut im Erkennen von Regelmäßigkeiten – um diese aber kritisch zu bewerten und einzuordnen (Kausalitäten abzuleiten), ist menschliche Intelligenz gefragt.

Ein Beispiel: Die bloße Beobachtung, dass mehr deutsche, weiße Männer in Führungspositionen sind, sagt nichts über einen kausalen Zusammenhang aus (d. h., dass Personen in Führungspositionen sind, weil sie weiß, deutsch und männlich sind).

Gleichzeitig ist es für den Menschen schwierig, Regelmäßigkeiten in sehr großen Datenmengen zu erkennen – dies gilt mehr denn je in einer schnelllebigen Geschäftswelt, in der wir zunehmend mit einer Datenflut (Big Data) konfrontiert sind. Mensch und Algorithmus sind folglich nur dann wirklich gut, wenn sie zusammenarbeiten – denn so kombinieren wir das Beste aus zwei Welten.

Dementsprechend geht es bei der KI nicht darum, die menschliche Intelligenz von Personalverantwortlichen durch die künstliche Intelligenz von Maschinen zu ersetzen. Vielmehr sollen die vorhandenen Algorithmen helfen, große Datenmengen so zu verarbeiten, dass Personalverantwortliche die bestmöglichen Entscheidungen treffen können.

Aus diesem Grund bevorzugen wir bei Aivy den Begriff Augmented Intelligence. Der Begriff impliziert nicht den Austausch von menschlicher Intelligenz, sondern verdeutlicht die Bedeutung des Zusammenspiels von Mensch und Maschine. Intelligenz, Erfahrung und zwischenmenschliche Interaktion sind nach wie vor wichtig – in der Tat sind sie unverzichtbar – aber sie werden jetzt durch bessere und robustere Daten unterstützt. Das erleichtert es Personalverantwortlichen, schnellere, objektivere und damit kostengünstigere und gerechtere Personalentscheidungen zu treffen. 

Beispiel: Eine Personalleiterin erhält über 600 Bewerbungen für eine ausgeschriebene Stelle. Sie steht vor der Herausforderung, die besten Bewerber:innen zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Doch welche der Bewerber:innen bringen das höchste Potenzial mit und sollten daher eingeladen werden? Die Entscheidung ist meist nicht einfach – insbesondere wenn sich Bewerbungen nur in Nuancen unterscheiden. An dieser Stelle lohnt sich der Vergleich des Auswahlprozesses in der Alten Welt (human intelligence) und der Neuen Welt (augmented intelligence).


„Alte Welt“: Human Intelligence
  • Prozess: Manuelles Prüfen der Lebensläufe 
  • Informationsquelle: Klassische Personalauswahlkriterien aus dem Lebenslauf (z.B. Schulnoten, Universitäten)
  • Fokus: Vergangenheitsorientierung (was haben Bewerber:innen in der Vergangenheit gemacht?)
  • Zeitfaktor: Mehrere Tage. Proportionaler Anstieg mit Zahl der Bewerbungen

„Neue Welt“:Augmented Intelligence
  • Prozess: Selbstlernende Algorithmen 
  • Informationsquelle: Große Datenmengen zu Zusammenhängen zwischen beruflicher Eignung und Charakteristika von Bewerber:innen (z.B. Persönlichkeitseigenschaften, Intelligenz)
  • Fokus: Zukunftsorientierung (welches Potenzial haben Bewerber:innen in der Zukunft?)
  • Zeitfaktor: Wenige Stunden. Kein relevanter Anstieg mit Zahl der Bewerbungen

Finale Entscheidung:
Menschliche Entscheidung basierend auf Daten und strukturiertem Interview

Der Vergleich zeigt:

Vorteile von KI ergeben sich vor allem in der heutigen, immer schnelllebiger werdenden Geschäftswelt, in der Zukunftsorientierung und Zeitersparnis wichtiger sind denn je. Denn je mehr sich unsere Geschäftswelt täglich verändert, desto wichtiger wird es, Entwicklungspotenziale zu erkennen und desto bedeutungsloser ist der Rückblick auf vergangenes Verhalten. Wichtig ist jedoch auch die Betrachtung, was beide Prozesse noch immer gemeinsam haben: Letztlich ist es der Mensch, der die Auswahl trifft.

Der Unterschied liegt also vor allem in der Informationsgrundlage. Damit hängt die Qualität der Einstellungsentscheidung in hohem Maße von der Qualität der Informationsbasis ab, d. h. von den Daten, die zum Trainieren des Algorithmus verwendet werden. Nicht selten lässt die Qualität der Daten jedoch zu wünschen übrig und die KI bleibt damit hinter ihrem Versprechen zurück, objektivere und validere Daten zu liefern. Dies bringt uns direkt zu Mythos Nummer 2.

Mythos 2: KI führt automatisch zu einer objektiveren und faireren Personalauswahl.

Menschliche Entscheidungen unterliegen häufig Verzerrungen und unbewussten Biases (z.B. unbewusste Bevorzugung von Bewerber:innen, die dem eigenen Selbst ähnlich sind, Abhängigkeit der Entscheidung von der aktuellen Stimmung). Algorithmen helfen daher, objektivere Entscheidungen zu treffen – denn dem Algorithmus ist es egal, wie Bewerbende aussehen oder wie das Wetter am Tag des Vorstellungsgesprächs ist (auch als „Blindheit“ des Algorithmus bezeichnet). 

Der Einsatz von Algorithmen ist ein Garant für eine objektivere Personalauswahl – zumindest in der Theorie und auf den ersten Blick.

Ein zweiter Blick auf das Thema ergibt jedoch ein differenzierteres Bild. Denn der Vorteil der "Blindheit" von maschinell erstellten Prognosen kann auch ein Nachteil sein. So gehen Algorithmen immer davon aus, dass sich neue Daten auf die gleiche Weise verhalten wie die Daten, die der Algorithmus zum Erlernen der Gesetze erhalten hat. Handelt es sich bei den Trainingsdaten um rein rückwärtsgerichtete Daten (z. B. Daten über die aktuelle Zusammensetzung von Unternehmen), können Regelmäßigkeiten gelernt werden, die zur Diskriminierung von Minderheiten beitragen. Schließlich sind diese, wie der Begriff Minderheit schon sagt, in der Minderheit. So ist es nicht verwunderlich, dass ein Algorithmus eine höhere Wahrscheinlichkeit erkennt, dass ein weißer Mann ohne Migrationshintergrund in eine Führungsposition aufsteigt als eine schwarze Frau mit Migrationshintergrund – denn diese Regelmäßigkeit ist in den Daten ja vorhanden.

So entsteht eine Art selbsterfüllende Prophezeiung: Der Algorithmus bestätigt seine Vorhersagen und führt zu einer Wiederholung früherer Muster, die jedoch bereits durch eine Diskriminierung bestimmter Randgruppen bedingt sind. An diesem und vielen anderen Beispielen lässt sich somit erneut die Wichtigkeit des Zusammenspiels zwischen menschlicher und künstlicher Intelligenz erkennen. So ist es wichtig, sich Trainingsdaten genau anzuschauen und diese kritisch auf eine mögliche Diskriminierung von Bewerbergruppen zu begutachten.

Einerseits sollten Trainingsdaten demographische Aspekte nur nach sorgfältiger Prüfung und etwaiger Korrektur einbeziehen. Andererseits gilt es auf einen potentialorientierten und zukunftsorientierten Fokus (welche Kompetenzen werden in dem Beruf in Zukunft von Relevanz sein?) statt eine reine Vergangenheitsorientierung (welche Kompetenzen hatten Personen in der Position in der Vergangenheit) zu achten.

Dies ist auch der Grund, warum Anbieter auf dem Markt, die eine Auswertung von Lebensläufen mit Hilfe von künstlicher Intelligenz in wenigen Sekunden versprechen, kritisch zu sehen sind. Denn die Informationen in Lebensläufen sind per se rückwärtsgewandt, schlecht zu prüfen und sagen oft wenig über zukünftige Potenziale von Bewerbern aus. Um diese zu bewerten, bedarf es hingegen einer wissenschaftlich fundierten Eignungsdiagnostik (z.B. in Form von ansprechenden Testverfahren), die mithilfe von selbstlernenden Algorithmen die Vorhersage der beruflichen Eignung stetig optimiert (kontinuierlicher Verbesserungsprozess).

Mythos 3: KI führt automatisch zu einer stärkeren Employer Brand

Viele Arbeitgeber setzen inzwischen auf die Bewerbung von KI-Anwendungen als Teil ihres Auswahlverfahrens – in der Hoffnung, sich so als attraktive Arbeitgeber für talentierte junge Bewerber:innen (High Potentials) zu positionieren. Aktuelle Studien zeigen jedoch, dass auch die Mehrheit der jungen Zielgruppen dem Einsatz von KI skeptisch gegenübersteht. 

Ein Grund dafür sind nicht zuletzt oft dubiose und unseriöse Angebote von Marktanbietern und eine mangelnde Transparenz über die Verwendung von Bewerber:innendaten. Der Auswahlprozess wird zunehmend zu einer "Black Box" – das ist natürlich nicht vertrauensfördernd. Entsprechend zeigen die Ergebnisse: Die Employer Brand lässt sich nicht allein mit Buzzwords rund um KI stärken. Um ein echtes Argument zur Stärkung der Arbeitgebermarke zu etablieren, müssen der konkrete Einsatz von KI, die Prozesse und die Qualitätskriterien erläutert werden. Transparenz ist zentral. Der Bewerbungsprozess darf und soll keine Blackbox für Bewerber:innen sein.

Mythos 4: KI führt zu Einsparungen – kurzfristig wie langfristig 

Einsatz von Algorithmen statt manuelles Scannens von Lebensläufen. Das Potenzial zur Einsparung von Personal- und Zeitaufwand liegt auf der Hand. KI scheint die Personalauswahl also automatisch kostengünstiger und schneller zu machen. Allerdings herrscht in den Personalabteilungen nach der Einführung von KI nicht selten Ernüchterung. Denn auch wenn das Potenzial für Zeit- und Kosteneinsparungen langfristig enorm ist, so ist dies kurzfristig oft nicht der Fall.

Die Entwicklung eines KI-gestützten Auswahlprogramms erfordert kurzfristig oft hohe Investitionen: Geeignete Datenquellen müssen identifiziert werden, Algorithmen müssen trainiert werden, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen geschult werden und auch die Entwicklung einer datenbasierten Kultur im Unternehmen braucht Zeit. Denn erst, wenn alle am Personalauswahlprozess Beteiligten die Vorteile und Grenzen von Algorithmen verstehen, kann sich ihr Potenzial voll entfalten.

Dementsprechend gleicht die Einführung von KI anfangs oft eher einem Mammutprojekt als dem erhofften Sprint. Gleichwohl ist Nichtstun aber auch keine Option. Denn sich nicht mit den neuen Möglichkeiten der KI auseinanderzusetzen oder sie gar auszuschließen, wird in naher Zukunft erhebliche Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit vieler Unternehmen haben. Je früher Sie also mit dem Aufbau solider Datenstrukturen beginnen, desto größer wird Ihr langfristiger Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz sein. 

Quellen

Der Assistent, der Talent erkennt.

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